Porsche Herkunft - Porsche Deutschland (2024)

Porsche Herkunft - Porsche Deutschland (1)

Heute sieht das Anwesen wieder so aus wie vor 142 Jahren.

Im nordböhmischen Maffersdorf, heute das tschechische Vratislavice, wurde Ferdinand Porsche 1875 geboren. Vor sechs Jahren kaufte der Autohersteller Škoda das Elternhaus des Automobilpioniers. Inzwischen wurde das Anwesen originalgetreu rekonstruiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Besuch gleicht einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert – und zeugt von der damaligen Aufbruchstimmung.

„Der Ort ist einzigartig“, schwärmt Andrea Frydlová. „Hier wird nicht nur das Leben und die Bedeutung von Ferdinand Porsche erfahrbar, sondern auch die Innovationskraft dieser Region am Ende des 19. Jahrhunderts.“ Der „einzigartige Ort“ hat die Adresse Tanvaldská 38 in Vratislavice nad Nisou. Vor 142 Jahren war er Teil der Hauptstraße von Maffersdorf. Auf dem Grundstück standen das Wohnhaus und die angebaute Werkstatt des Spenglermeisters Anton Porsche und seiner Gattin Anna. Am 3. September 1875 kam dort, als drittes von fünf Kindern, Sohn Ferdinand zur Welt.

Heute sieht das Anwesen wieder nahezu genauso aus wie damals: akkurater Lattenzaun, gepflasterter Hof, gepflegter Vorgarten, mittendrin Haus und Werkstatt. „Die Rekonstruktion und Renovierung des Anwesens war komplex und zeitintensiv – und sie ist großartig gelungen“, sagt Frydlová. Die Kunsthistorikerin ist Direktorin des Škoda-Museums im nur 50 Kilometer entfernten Mladá Boleslav und zugleich Hausherrin in der nun öffentlich zugänglichen Geburtsstätte von Ferdinand Porsche. Diese wurde 2011 vom tschechischen Automobilhersteller Škoda gekauft und anschließend in den aktuellen Zustand versetzt. Porsche-Geburtshaus und Škoda-Museum bilden nun ein Tandem der Traditionspflege in Nordböhmen – ein Kombiticket ermöglicht den Besuch beider Ausstellungen.

„Die Ausstellung im Geburtshaus von Ferdinand Porsche ist in die drei Bereiche Ingenieursgeist, Mobilität und Familie gegliedert“, erklärt Frydlová. Sie stellt eine Beziehung her zu der Region, die Ende des 19. Jahrhunderts ein Zentrum der Industrialisierung war und damit die ideale Umgebung für einen wissbegierigen, experimentierfreudigen jungen Menschen wie Ferdinand Porsche. Zudem wird deutlich, wie die Konstruktionen und Erfindungen von Porsche die Automobilwelt bis heute prägen.

Jeder Besucher erhält am Eingang ein iPad, um damit, je nach Interessenlage, auf Entdeckungsreise zu gehen. An jedem Exponat gibt es ein kleines Symbol, das mit dem Tablet gescannt werden kann. Somit erhält der Betrachter eine Fülle zusätzlicher Informationen, Fotos oder Videos und kann selbst entscheiden, wie tief er in die einzelnen Themenfelder einsteigen möchte. Mit ein paar Wischern über den Bildschirm steckt der Besucher plötzlich mittendrin in der Sturm-und-Drang-Phase des jungen Ferdinand Porsche, dem ganz anderes durch den Kopf geht als das, was sein Vater sich für ihn vorstellt. Ursprünglich sollte sein älterer Bruder Anton Porsche die Spenglerei übernehmen, doch er kommt 1888 bei einem Werkstattunfall ums Leben. Damit rückt Ferdinand Porsche an die Stelle des Nachfolgers als Firmenoberhaupt. Nach acht Jahren Schulbesuch beginnt er 1889 eine Klempnerlehre im väterlichen Betrieb.

Doch viel mehr als für Rohre und Gewinde interessiert sich der 14-Jährige für Elektrizität. Deshalb besucht er, so oft er kann, die nur ein paar Straßen weiter gelegene Maschinenspinnerei Ginzkey. Zu dieser Zeit ist Ginzkey das größte Unternehmen in Maffersdorf und weit über Böhmen hinaus bekannt. In dem Betrieb rattern rund 250 mechanische Webstühle, auf denen vor allem Decken und Teppiche hergestellt werden. Jahre später, in den 1920er-Jahren, wird dort der zu jener Zeit größte Teppich der Welt für das Hotel Waldorf Astoria in New York gewebt.

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Zeitreise: Die Besucher können in der Ausstellung die Porsche-Vergangenheit erkunden.

Die hochmoderne elektrische Anlage der Fabrik fasziniert Ferdinand Porsche so sehr, dass er beginnt, zu Hause auf dem Dachboden heimlich selbst mit Elektrizität zu experimentieren. Unter anderem bestückt er seine Schlittschuhe mit Batterielampen, was auf dem zugefrorenen Dorfteich für erhebliches Aufsehen sorgt. Sein Vater Anton jedoch hat für derlei Innovationsdrang kein Verständnis und verbietet ihm das Tüfteln mit Elektrizität.

Anders seine Mutter Anna Porsche. Sie zeigt Verständnis für den Wissensdurst und überredet ihren Mann, den Sohn auf der „K. u. K. Staatsgewerbeschule“ im nahe gelegenen Reichenberg, dem heutigen Liberec, zumindest Abendkurse in Elektrotechnik besuchen zu lassen. Ferdinand Porsche nutzt diese Chance. Und bald blickt auch der Vater voller Stolz auf den Sohn. Denn Ferdinand Porsche stattet 1893 sein Elternhaus – als zweites Gebäude in Maffersdorf nach der Ginzkey-Fabrik – mit elektrischem Licht und einer elektrischen Türklingel aus.

Im gleichen Jahr verlässt Ferdinand Porsche Maffersdorf und geht nach Wien. Den väterlichen Betrieb übernimmt später sein jüngerer Bruder Oskar. Ferdinand Porsche hingegen kombiniert seine Kenntnisse der Elektrotechnik mit der noch jungen Erfindung namens Automobil. Es entstehen ein Fahrzeug mit Radnabenmotoren, das erste Hybridauto sowie das erste Allradauto der Welt. Mit dem Hybridmodell Lohner-Porsche „Mixte“ fährt Ferdinand Porsche 1902 in seine Heimat. Er möchte den Wagen zeigen, vor allem aber möchte er den Eltern seine Braut Aloisia Johanna Kaes vorstellen. Es gibt in der Ausstellung ein Foto, das diesen Besuch dokumentiert.

Wien

1893, im Alter von 18 Jahren, verlässt Ferdinand Porsche sein Elternhaus in Maffersdorf und geht nach Wien, wo er eine Stelle als Mechaniker bei der Vereinigten Elektrizitäts-AG antritt. Dort entwickelt er den berühmten Radnaben-Elektromotor. 1899 wechselt Porsche zu den Lohnerwerken, damals die größte Kutschenfabrik Österreichs. Er konstruiert das erste funktionsfähige Hybridautomobil und das erste Allradfahrzeug der Welt. 1906 verlässt Porsche Lohner und geht als Chefkonstrukteur zu Austro-Daimler nach Wiener Neustadt.

Stuttgart, Porsche-Villa

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Die Villa im Landhausstil lässt Ferdinand Porsche 1923 nach Plänen der Stuttgarter Architekten Paul Bonatz und Friedrich Eugen Scholer im Feuerbacher Weg 48 erbauen. Porsche ist just Vorstandsmitglied bei Daimler geworden. 1934 wird die Villa um einen Seitenflügel erweitert, in dem Garagen und eine Werkstatt Platz finden. 1935 entstehen hier die ersten beiden Prototypen des „KdF-Wagens“, der nach dem Zweiten Weltkrieg als „Käfer“ von Volkswagen die Massenmobilität vorantreibt. Die Villa wird heute als Gästehaus der Familie Porsche genutzt.

Steyr

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Nachdem Ferdinand Porsche 1928 bei der Stuttgarter Daimler-Benz AG ausscheidet, wechselt er Anfang 1929 als Technischer Direktor zu den Steyr-Werken nach Oberösterreich. Er konstruiert dort unter anderem den Steyr Austria mit Achtzylindermotor und 100 PS Leistung. Als Steyr beginnt, eng mit Austro-Daimler zu kooperieren, schränkt das die Freiheitsgrade von Porsche immer stärker ein. Daraufhin beendet er 1930 das Arbeitsverhältnis. 1934 entsteht die Steyr-Daimler-Puch AG.

Stuttgart, Kronenstraße 24

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Am 25. April 1931 gründet Ferdinand Porsche die „Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH, Konstruktion und Beratung für Motoren und Fahrzeuge“ – mit Sitz in der Kronenstraße 24 in Stuttgart, unweit des Hauptbahnhofs. Dort arbeiten zunächst 20 Mitarbeiter, unter ihnen sein Sohn Ferry Porsche. In der Kronenstraße entstehen die Pläne für Automobile von Zündapp und NSU, für einen 16-Zylinder-Rennwagen der Auto Union und für den Volkswagen, besser bekannt als „Käfer“. Das Gebäude existiert noch heute.

Schüttgut

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Der 600 Jahre alte, auf einer Alm oberhalb von Zell am See gelegene Gutshof fällt Ferry Porsche während einer Autotour in den Dreißigerjahren auf. Ferdinand Porsche kauft das Anwesen 1941. Die Familie nutzt es zunächst als Feriendomizil, dann als Zufluchtsort vor den Kriegswirren. In der neben dem großen Bauernhaus gelegenen Kapelle befinden sich die Grabstätten der Familie. Das Schüttgut ist nach wie vor ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 140 Rindern. Es ist heute im Besitz von Dr. Wolfgang Porsche.

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